Stress ist ein uralter Prozess im Körper, der dazu dient, dich zu beschützen und dein Überleben zu sichern. Leider passen die Mechanismen und Reaktionen deines Körpers selten zu den Anforderungen, die das daily life heute an dich stellt. Damit du wieder in Balance findest, musst du verstehen, was in dir passiert, wenn der Säbelzahntiger der Neuzeit hinter dir her ist (aka die nächste Deadline, der cholerische Chef oder der schwierige Kunde). In diesem Artikel stelle ich dir die wichtigsten physiologischen Vorgänge im Körper während der Stressreaktion vor.
Gefahr bedeutet für den Körper als erstes Ausschuss von Adrenalin. Adrenalin wird in der Nebenniere produziert und sorgt dafür, dass die Lungen sich weiten, der Herzfrequenz steigt und Blutfette und Blutzucker freigesetzt werden. Somit hat der Körper drei Energieträger zur Verfügung, Sauerstoff, Blutzucker und Blutfette, die über den erhöhten Herzschlag in die Gliedmaßen transportiert werden. Denn, unser Gehirn denkt: „Wir brauchen Energie zum Kämpfen oder Flüchten!“. Erschreckenderweise nimmt die Durchblutung im Frontalhirn verhältnismäßig eher ab. Das hat zur Folge, dass dir klares Denken und logisches Schlussfolgern eher schwer fallen in akuten Stresssituationen. Nicht besonders förderlich, wenn du der Deadline für das nächste Projekt hinter her jagst…Adrenalin sorgt außerdem dafür, dass du wach bist. Das ist praktisch. Kostet aber auch viel Energie. Deine Blutgerinnung wird aktiviert, für den Fall, dass du von einem Fressfeind angegriffen wirst. Da die Deadline nicht beißen kann, heißt das für dich: Erhöhtes Risiko für Thrombose. Stressmodus heißt zusammengefasst: Alle nicht lebensnotwendigen Funktionen im Körper werden eingestellt. Daher wirst du weder Hunger, Durst noch eine Libido spüren, wenn du extrem gestresst bist. Menschen sind in gewisser Weise „taub“, wenn sie gestresst sind. Du spürst weder Schmerz noch bist du in der Lage deine Gefühle wahrzunehmen oder empathisch auf dein Gegenüber zu reagieren. Dein Immunsystem arbeitet auf Hochtouren, um deine Kräfte zum Besiegen der Gefahr zu mobilisieren. Da das extrem viel Energie kostet, hält der Körper das auf Dauer nicht aus und du bekommst die Erkältung sobald der Urlaub angefangen hat oder spürst die Kopfschmerzen am Wochenende. Hautausschläge, Herpes, Verdauungsprobleme oder Rückenschmerzen können sehr häufig mit viel Stress über eine längere Zeit verbunden sein. Denn die Stressreaktion ist mit dem Ausschuss von Adrenalin noch nicht vorbei. Adrenalin ist nach 10min bereits zur Hälfte abgebaut. Halb so wild also. Danach setzt der Körper allerdings Cortisol frei. Dieses Hormon hat die gleiche Wirkung wie Adrenalin und bleibt ganze 12h in deinem Blut! 12h erhöhte Herzfrequenz, freigesetzte Blutfette und Blutzucker, eingeschränkte Verdauung und dauerhafter Flucht- oder Verteidigungsmodus. Das ist eine verdammt lange Zeit! Darüber hinaus wirkt sich Cortisol auf deine Hirnstrukturen aus: Unter Stress fällt es dir extrem schwer, den negativen Fokus abzulegen. Früher war das sinnvoll: Du konzentrierst dich nur auf den Säbelzahntiger, der jede Minute zum Angriff zurückkehren kann. Heute bedeutet das: Du denkst über den einen unzufriedenen Kunden nach und zerbrichst dir den Kopf, woran es gelegen haben könnte, anstatt dich an den sieben positiven Feedbacks der anderen Kunden zu erfreuen. Du siehst in deiner Beziehung nur die negativen Aspekte und vergisst dabei eure schönen Momente. Du denkst an die Steuererklärung, die noch offen ist und den Keller, den du eigentlich aufräumen wolltest. Dieses Gedanken Karussell kann stark durch erhöhtes Cortisol angetrieben werden. Das kann es schwer machen abzuschalten oder ruhig einzuschlafen.
Im Unternehmenskontext ist es wichtig, aufzuklären, was Stress eigentlich ist und wie er sich auf unser Denken, Verhalten und Miteinander auswirken kann. Zu oft sind Stress und die zu spürende Wirkung in der Arbeitswelt noch mit „Schwäche“ oder „fehlendem Durchhaltvermögen“ verknüpft. Folge ist: Menschen verschließen sich, versuchen die nicht geschaffte Arbeit in Überstunden und am Wochenende zu erledigen. Urlaube werden nicht genommen. Auf Dauer kann das schiefgehen. Sowohl für das Unternehmen, als auch für den einzelnen Menschen. Erwiesenermaßen sinkt die Performance von Mitarbeiter bei einem dauerhaft zu hohen Stresspegel. Auf die Unternehmensleistung gerechnet, bedeutet das: Hohe Einbußen in der Produktivität. Für den Menschen kann chronischer Stress zu vielen Krankheiten führen. Sowohl körperlich als auch psychisch: Erhöhte Suchtgefahr, Depressionen, Panikattacken und Ängste oder auch Burnout. Damit fällt der Mitarbeiter nicht selten für bis zu sechs Monate aus. Daher: Sensibilität für das Thema erhöhen und Offenheit fördern. Nur so können Frühwarnsignale ernst genommen werden und echte Prävention gelebt werden.